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Marktwirtschaft und Eigenverantwortung?

Um Eigen­ver­ant­wor­tung bei Mit­ar­bei­tern zu erzie­len wird häu­fig auf das Instru­ment: Füh­ren mit Ziel­ver­ein­ba­run­gen zurück­ge­grif­fen. Eine gute Idee, wenn sich der Ansatz nicht auf das jähr­li­che Ziel­ver­ein­ba­rungs­ge­spräch beschränkt, son­dern auch im All­tag statt­fin­det. Dabei gibt es einen Pro­blem­kreis, der, selbst wenn alle Betei­lig­ten zunächst ganz begeis­tert von Füh­ren mit Ziel­ver­ein­ba­run­gen sind, die Eigen­ver­ant­wor­tung nach­hal­tig behin­dern, wenn nicht gar ver­hin­dern kann:

Conditio sine qua non

Die unab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung für Füh­ren mit Ziel­ver­ein­ba­run­gen ist, dass sich jeder (FK und Mit­ar­bei­ter) sei­ner Bring­pflicht bewusst ist. Im Klar­text: Wer einem Ziel zuge­stimmt hat, bzw. Eine Auf­ga­be über­nom­men hat ist ver­ant­wort­lich für die Durch­füh­rung. Der Part­ner, in der Regel ist das die Füh­rungs­kraft, kann sich zu 100% dar­auf ver­las­sen, dass, solan­ge er nichts hört, alles wie ver­ein­bart läuft.

Soll­te es, egal ob aus vom Mit­ar­bei­ter zu ver­tre­ten­den oder nicht zu ver­tre­ten­den Grün­den zu einer Ver­zö­ge­rung kom­men, bzw. das Ziel nicht erreicht wer­den, so gibt der Mit­ar­bei­ter selb­stän­dig und früh­zei­tig eine Rück­mel­dung. Früh­zei­tig heiß: sobald es abseh­bar ist, dass das Ziel nicht erreicht wird.

Äuße­run­gen wie: „Sie haben mir ja auch noch die­se Auf­ga­be gege­ben, da hät­ten Sie wis­sen müs­sen, dass ich das nicht schaf­fe!“ gehö­ren ins Muse­um. Es ist Auf­ga­be des Mit­ar­bei­ters, mir bei einer zusätz­li­chen Auf­ga­be zu sagen, dass er dann mit dem Rest in Schwie­rig­kei­ten kommt. Soll­te er es nicht gleich abse­hen kön­ne, muss er kom­men, sobald es ihm klar ist.

Ein Mit­ar­bei­ter, der zum ver­ein­bar­ten Ter­min kommt und sagt er hat es nicht erle­digt, oder, schlim­mer noch, gar nicht erst kommt, weil er es ja nicht erle­digt hat, ver­letzt die ele­men­ta­re Regel des Füh­ren mit Zielvereinbarungen.

Ein Teufelskreis

Wird die­ses Ver­hal­ten gedul­det oder geför­dert, so ent­steht ein Teu­fels­kreis, der nach eini­gem Zeit- und Geld­auf­wand wie­der zum alten Füh­rungs­stil führt, oft unter Hin­ter­las­sen eines Scher­ben­hau­fens. Für die Füh­rungs­kraft zeigt sich: Es klappt nicht, ich muss doch hin­ter­her­lau­fen. Aus sei­ner Sicht gibt es dann einen Mehr­auf­wand: die Ziel­ge­sprä­che, aber kei­nen Nut­zen. Also wer­den die Gesprä­che läs­ti­ge Pflicht, immer weni­ger wird wirk­lich ver­ein­bart und wir lan­den bei den alten Ziel­vor­ga­ben, bzw. Aufgabenerteilungen.

Der Mit­ar­bei­ter bekommt bestä­tigt: alter Wein in neu­em Kleid, ernst gemeint war’s nicht, kaum klappt mal was nicht, gibt’s eins drauf.

Dabei haben bei­de zum Miss­lin­gen beigetragen

Einstiege in den Teufelskreis

seitens des Mitarbeiters

  • der Mit­ar­bei­ter erreicht sein Ziel nicht, mel­det es aber nicht recht­zei­tig zurück. Oder
  • der Mit­ar­bei­ter hat Kri­tik an der Füh­rungs­kraft, äußert die­se aber nicht
  • der Mit­ar­bei­ter sieht schon bei der Auf­ga­ben­an­nah­me, dass es eigent­lich nicht zu schaf­fen ist, sagt nichts und spielt: Du wirst schon sehen was, Du davon hast.

In all die­sen Fäl­len för­dert der Mit­ar­bei­ter auto­ri­tä­res Ver­hal­ten der Füh­rungs­kraft und bestä­tigt damit für sich: wuss­te ich’s doch, alles nur auf dem Papier.

Oft wird vom Mit­ar­bei­ter auch ver­langt, dass die Füh­rungs­kraft gefäl­ligst alles sofort umzu­set­zen haben. Zitat: “Haben unse­re Füh­rungs­kräf­te die­ses Semi­nar auch besucht? War­um reden die mit uns nicht so, wie Sie es uns jetzt beibringen?“

Das heißt, den eige­nen Füh­rungs­kräf­ten wird nicht die glei­che Zeit zum Ler­nen zuge­stan­den, wie man sie sel­ber braucht. Jedes Wort der Füh­rungs­kraft wird jetzt auf die Waa­ge gelegt. Ver­hält sie sich nicht nach den Regeln -> Wir haben es ja gewusst.

seitens der Führungskraft

  • die Füh­rungs­kraft wischt Ein­wän­de des Mit­ar­bei­ters beiseite
  • wenn ein Mit­ar­bei­ter sein Ziel nicht erreicht, legt die Füh­rungs­kraft das Haupt­au­gen­merk auf das aku­te Problem
  • der Ver­ant­wort­li­che für eine Lösung (der Mit­ar­bei­ter) wird einem Schul­di­gen verwechselt
  • die Füh­rungs­kraft lässt Rück­de­le­ga­ti­on zu und über­nimmt damit die Ver­ant­wor­tung anstel­le des Mitarbeiters

Dies wie­der­um för­dert Pas­si­vi­tät beim Mit­ar­bei­ter, was dazu führt, dass er sich erst recht nicht an die Regeln hält.

Was also tun

Gera­de in der Ein­füh­rungs­pha­se, wenn sich das Sys­tem noch nicht sta­bi­li­siert hat muss pein­lichst dar­auf geach­tet werden:

  • die Eigen­ver­ant­wor­tung des Mit­ar­bei­ters nicht nur zu för­dern, son­dern zu fordern
  • Zie­le zu kontrollieren.

Hier kom­men wir in Schwie­rig­kei­ten mit der Begriff­lich­keit: „Also sol­len wir doch kon­trol­lie­ren. Ich dach­te Kon­trol­le ist ab jetzt nicht mehr nötig.

Wir reden von zwei Arten von Kon­trol­le. Die ers­te, und die­se soll es tat­säch­lich nicht mehr geben, ist eine unan­ge­kün­dig­te: Nach­se­hen, ob der Mit­ar­bei­ter auch arbei­tet. Und damit die Ver­ant­wor­tung übernehmen.

Die zwei­te ist:

Nachfrage erzeugen

Eine Ver­hal­tens­än­de­rung wird jemand nur dann zei­gen, wenn es eine Nach­fra­ge nach die­sem Ver­hal­ten gibt. Das gilt übri­gens auch für Führungskraft.

Solan­ge also Ziel­er­rei­chung nicht kon­trol­liert wird, gibt es auch kei­ne Not­wen­dig­keit dar­an zu arbei­ten. Und solan­ge das Ver­hal­ten: „sich recht­zei­tig mel­den“ nicht ein­ge­for­dert wird – war­um soll­te der Mit­ar­bei­ter es tun?

Die ers­te Fra­ge, wenn jemand sein Ziel nicht erreicht hat muss also lau­ten: „Seit wann wis­sen Sie das?“ und nicht: „War­um nicht?“

Das Gespräch dar­über, dass ich recht­zei­ti­ge Rück­mel­dung erwar­te, denn nur dann kann ich füh­ren, d.h. Ent­schei­dun­gen tref­fen und steu­ern, ist wesent­lich wich­ti­ger, wenn auch nicht dring­li­cher, als das über das Problem.

Ein Auto­fah­rer kann auch nur dann steu­ern, wenn er das Hin­der­nis recht­zei­tig von sei­nen Augen gemel­det bekommt – nicht dann, wenn er drauffährt.

Sich nicht an die Bring­pflicht zu hal­ten ist eine genau­so har­te Regel­ver­let­zung wie:

  • Arbei­ten nicht erledigen
  • schlech­te Arbeit leisten…

In der Ein­füh­rungs­pha­se kann ich natür­lich von den Mit­ar­bei­tern nicht ver­lan­gen, dass ihnen dies so klar ist, d.h. ich muss sie behut­sam damit kon­fron­tie­ren. Behut­sam im Ton, aber klar in der Sache.

  • Immer wie­der deut­lich machen, dass ich recht­zei­ti­ge Rück­mel­dung erwarte
  • Bei Ziel­ab­wei­chun­gen nicht den Kopf abrei­ßen, son­dern an Lösun­gen arbei­ten. Der bes­te Weg Rück­mel­dun­gen zu ver­hin­dern ist: nach Schul­di­gen suchen

regelmäßige Kontrolle

Immer wie­der auf­tre­ten­de Abwei­chun­gen sind ein Signal dafür, dass die Kon­troll­ab­stän­de u.U. zu groß sind. Ich wer­de also mit einem Mit­ar­bei­ter zur Not Tages­zie­le ver­ein­ba­ren. Und er hat sie mir dann täg­lich zu berich­ten und sei­ne neu­en für den nächs­ten Tag vor­zu­le­gen. Klappt das, kann ich wie­der lockern, auf wöchent­lich, monatlich.….

Die Vor­stel­lung: Ich brau­che jetzt nur noch ein­mal im Jahr ein Ziel zu ver­ein­ba­ren und dann läuft’s führt jeden­falls sicher zum Scheitern.

Auch der Mitarbeiter sollte Nachfrage erzeugen

Genau­so müs­sen aller­dings auch die Mit­ar­bei­ter Nach­fra­ge für Ver­hal­tens­wei­sen der Füh­rungs­kraft erzeu­gen, d.h. immer wie­der Infor­ma­tio­nen ein­for­dern, berück­sich­ti­gen Ihrer Ein­wän­de, etc.

Wir hat­ten z.B. mal den Fall, dass eine Füh­rungs­kraft eine Kon­fron­ta­ti­on mit einem Mit­ar­bei­ter hat­te, der sei­ner­seits in einem Trai­ning war. Zunächst woll­te die Füh­rungs­kraft nichts von Ein­wän­den wis­sen, erst als der Mit­ar­bei­ter sag­te: “… aber Herr Lab­itz­ke hat gesagt, wir sol­len… “ däm­mer­te der Füh­rungs­kraft, dass genau das, was der Mit­ar­bei­ter jetzt tat von der Füh­rungs­kraft sel­ber gefor­dert wur­de – wenn der Mit­ar­bei­ter nicht anwe­send war. Auch hier muss also Bewusst­sein dafür geschaf­fen wer­den, dass Füh­ren mit Ziel­ver­ein­ba­run­gen ein immer­wäh­ren­der Pro­zess ist, an dem alle teil­ha­ben. Es ist nicht damit getan zwei Semi­na­re zu besu­chen und es aufs Papier zu schrei­ben. Und die glei­che Tole­ranz, gepaart mit Klar­heit, die ich von Füh­rungs­kräf­ten erwar­te, erwar­te ich auch von Mitarbeitern.

Zusammenfassung

Das markt­wirt­schaft­li­che Prin­zip gilt auch beim Füh­ren mit Ziel­ver­ein­ba­run­gen. Ohne Nach­fra­ge kein Ange­bot, sprich Ver­hal­ten. Das wich­tigs­te Ver­hal­ten ist die Bring­pflicht – auf bei­den Sei­ten – von:

  • Infor­ma­ti­on
  • Ergeb­nis­sen
  • Offen­heit

Es ist Auf­ga­be der Füh­rungs­kraft genau dies zu for­dern und zu för­dern, ange­fan­gen bei der GL.

Mit­ar­bei­ter sind zu moti­vie­ren, ihre Wün­sche, Kri­tik etc. Anzu­brin­gen, damit Nach­fra­ge von unten entsteht.

Unter­stüt­zend brau­chen Mit­ar­bei­ter häu­fig auch Schu­lung in Kom­mu­ni­ka­ti­on: Wie sag ich’s mei­ner Führungskraft.